Die Veranstaltung fand statt im Rahmen eines Schüleraustausches zwischen dem Lycée Pierre Bayen in Châlons-en-Champagne (Seconde AbiBac) und der Hildegardis-Schule Bochum (Schülerinnen und Schüler der bilingualen Klassen 9 sowie des AbiBac-Kurses Klasse 10).
Verbunden mit dem Schüleraustausch war eine Projektarbeit zum o.g. Thema, die vier unterschiedliche Schwerpunkte hatte:
a) Erarbeitung bzw. Vertiefung historischen Wissens zum 1. Weltkrieg / Schaffung eines persönlichen Zugangs zum Thema
Die Auseinandersetzung mit Gründen, Verlauf und Konsequenzen des 1. Weltkriegs erfolgte bereits im Vorfeld der Begegnung im jeweiligen Geschichtsunterricht der beiden Klassen. Dabei konnte auf Wissen der Schüler aufgebaut werden, das diese in der Sekundarstufe I bw. im Collège erworben hatten.
Darüber hinaus dienten drei Programmpunkte während der Begegnung in Châlons der Vertiefung dieses Wissens. Am 24.2.2014 besichtigten deutsche und französische Schülerinnen und Schüler zunächst das Centre d'Interprétation Marne 14-18 in Suippes. Thematische Schwerpunkte waren neben der Chronologie der Ereignisse das Leben der Soldaten in den Schützengräben, das zeitgenössische Sanitätswesen sowie Einblicke in das Leben der „Heimatfront“, insbesondere der Frauen. Mit der Abnahme eines elektronischen Fingerabdrucks war es den Schülerinnen und Schülern möglich, in die Rolle eines Zeitgenossen zu schlüpfen und dieser fiktiven Person durch die gesamte Ausstellung zu folgen. Darüber hinaus bot ein unveröffentlichter Film über die Familie Papillon, angelehnt an den Briefwechsel zwischen drei Brüdern an der Front und ihrer Schwester im Hinterland, die Möglichkeit sich mit individuellen Einzelschicksalen auseinanderzusetzen und auf diese Weise einen persönlichen Zugang zum Thema zu finden.
Dem gleichen Ziel diente eine im Anschluss an die Führung stattfindende Lesung einiger „lettres des poilus“, ausgewählt und szenisch vorgetragen von einem pensionierten Lehrerehepaar aus Châlons. Der Vormittag wurde von einer engagiert geführten Diskussion über das Gehörte und Gesehene abgerundet.
Nachdem die deutsche Gruppe während der Anreise bereits den Soldatenfriedhof in Douaumont/Verdun besucht hatte, konnten beide Gruppen am Nachmittag des gemeinsamen Exkursionstages im Rahmen einer zweistündigen Führung der Amis de Vauquois dieses ehemalige Schlachtfeld besichtigen.
Vor Ort wurde den Schülerinnen und Schülern zum einen bewusst, wie stark der erste Weltkrieg die von Minentrichtern und Dorfruinen geprägte Landschaft gezeichnet hat. Einen nachhaltigen Eindruck hinterließen zum anderen die Schützengräben und unterirdischen Befestigungsanlagen sowie die Tatsache, dass die ehemals feindlichen Linien nur wenige Meter voneinander entfernt waren. Dieser Besuch sensibilisierte die Schülerinnen und Schüler in besonderer Weise für die Grausamkeit des Stellungskrieges und die Lebensbedingungen der Frontsoldaten.
b) Die Verarbeitung des Ersten Weltkriegs in Literatur, Kunst und Musik
Im Zentrum der Begegnung in Châlons stand die Arbeit in Ateliers, in welche die Schülerinnen und Schüler sich je nach Interesse einwählen konnten, um sich mit der Verarbeitung des ersten Weltkriegs in Literatur, Kunst und Musik zu beschäftigen.
Ziel hierbei war es, den Schülerinnen und Schülern bewusst zu machen, dass die existentiellen Erfahrungen der oft selbst in das Kampfgeschehen involvierten Künstler grenzüberschreitend die gleichen und zugleich so prägend waren, dass der oft als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnete Krieg auch epochale Veränderungen im künstlerischen Schaffen mit sich brachte.
Zunächst wurden die Schülerinnen und Schüler von Fachkollegen der französischen Partnerschule in das jeweilige Thema eingeführt, bevor sie sich in deutsch-französischen Binomen mit einem selbst gewählten musikalischen, künstlerischen oder literarischen Werk(auszug) der Epoche intensiver beschäftigten.
In der Arbeitsgruppe Musik stand neben der Spiegelung des Krieges in unmittelbar zeitgenössischen Vertonungen auch die Ankündigung eines Epochenumbruches bereits seit der Jahrhundertwende sowie die nachhaltige Veränderung der europäischen Musik nach dem ersten Weltkrieg im Fokus.
In der Kunstgruppe wurde die Darstellung des Krieges in der klassischen Malerei derjenigen in der zeitgenössischen Avantgarde gegenübergestellt. Hierdurch wurde ersichtlich, inwiefern die über den bisherigen Erfahrungshorizont hinausgehenden Eindrücke und Erlebnisse dieses ersten „modernen“ Krieges auch die Darstellungsweisen und –mittel von bildender Kunst nachhaltig beeinflusst und zur Entstehung moderner Kunst beigetragen haben.
Das Thema der „Avantgarde im Kampf“ wurde für alle Schülerinnen und Schüler auch noch einmal beim Besuch der gleichnamigen Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn im Rahmen des Gegenbesuchs in Bochum aufgegriffen.
So wie es weder in der Musik noch in der bildenden Kunst nennenswerte Unterschiede zwischen deutschen und französischen Musikern und Malern zu entdecken gab, so enthielten auch die im Literaturatelier präsentierten Auszüge deutscher und französischer Autoren sehr vergleichbare Schilderungen des Erlebten beiderseits der Front. Die thematische Linie des erstellten Textdossiers spannte dabei einen Bogen von der anfänglichen Kriegsbegeisterung über erste Zweifel bis hin zur Denunzierung der Sinnlosigkeit des Kampfes und der daraus erwachsenden Aufgabe des Erinnerns und Gestaltens eines neuen Europa.
Die den Schülerinnen und Schülern gestellten Aufgaben umfassten sowohl analytische als auch kreative Ansätze.
Die Recherchen und Ergebnisse der Teilnehmer wurden im Beisein von Eltern und der interessierten (Schul-)Öffentlichkeit in einer Abschlusspräsentation am Ende der Austauschbegegnung in Bochum vorgestellt.
c) Unterschiede in der Erinnerungskultur Deutschlands und Frankreichs im Hinblick auf den ersten Weltkrieg und deren Gründe
Der Monat November mit seinen unterschiedlichen nationalen und regionalen Gedenktagen bot den Einstieg in dieProjektarbeit.
Schülerinnen und Schüler beider Austauschgruppen übernahmen die Aufgabe, in Châlons respektive Bochum soweit möglich an Gedenkveranstaltungen teilzunehmen bzw. die Berichterstattung in der lokalen Presse zu verfolgen, um in einem zweiten Schritt die Partnergruppe darüber zu informieren.
Die Auswertung zeigte, dass in Frankreich durch die Feierlichkeiten des 11. November die Erinnerung an den ersten Weltkrieg in der gesamten Bevölkerung sehr präsent ist (auch die Châloneser Schüler nahmen teilweise aktiv daran teil, z.B. als Mitglied des Jugendorchesters), wohingegen in Deutschland der 9. November insbesondere mit dem Gedenken an die Reichspogromnacht sowie den Fall der Mauer im Zentrum des Erinnerns steht. Darüber hinaus wird in Bochum am 4. November, dem Jahrestag eines der schwersten Bombenangriffe auf die Stadt, ebenfalls der Opfer des zweiten Weltkriegs gedacht. Der 11. November steht seinerseits im Zeichen regionalen Brauchtums, nämlich des Karnevals. Der erste Weltkrieg spielt lediglich am Volkstrauertag eine Rolle, wenn allgemein an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnert wird.
Die unterschiedliche Erinnerungskultur beider Länder lässt sich auch anhand von Kriegerdenkmälern festmachen.
Daher arbeiteten die Bochumer und Châloneser Schülerinnen und Schüler im Dezember in den jeweiligen Stadtarchiven, um anhand ihrer Recherchen einen themengebundenen Stadtrundgang für die Partnergruppe vorzubereiten.
Diese Stadtführungen, die am Ende der ersten bzw. Beginn der zweiten Austauschwoche standen, waren das Bindeglied zwischen beiden Begegnungen. Auf französischer Seite wurde dieser Aspekt der Projektarbeit ergänzt durch Erläuterungen der französischen Geschichtskollegin zu zwei Kriegerdenkmälern in Suippes sowie die Präsentation weiterer Gedenkstätten unter künstlerischen Gesichtspunkten im Kunstatelier.
In der abschließenden Reflexion in Bochum thematisierten die Schülerinnen und Schüler die Gemeinsamkeiten, vor allem aber die Unterschiede in der Darstellung des Krieges ebenso wie hinsichtlich der Entstehungszeit und –geschichte der Denkmäler und versuchten diese zu erklären.
Vergleichbar in beiden Ländern war nach dem Krieg das Bemühen, die Erinnerung an die Gefallenen durch deren namentliche Erwähnung auf den Denkmälern wach zu halten. (Das Recht auf Erinnerung spiegelt sich im übrigen auch in der Errichtung von Grabmälern unbekannter Soldaten. Dass Frankreich hier eine Vorreiterrolle einnahm, wurde bei der Stadtführung im Rathaus von Châlons deutlich, wo man 1921 den Leichnam eines anonymen amerikanischen Soldaten auswählte, der dann in Arlington/USA bestattet wurde.)
Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich gab es darüber hinaus in den 20-er Jahren pazifistische Tendenzen, die das Leid der Hinterbliebenen in den Blick nahmen, wie das Beispiel der trauernden Mütter/ Ehefrauen in Suippes und Bochum zeigt. Beide Denkmäler sind jedoch im Vergleich zu den übrigen von uns besuchten eher ungewöhnlich.
Bei den französischen Gedenkstätten dominiert die Idee, dass die gefallenen Soldaten für die Freiheit des Vaterlandes gekämpft haben und ihr Opfer daher nicht umsonst war. In diesen Kontext werden auch Franzosen gestellt, die in den jüngsten kriegerischen Auseinandersetzungen wie etwa in Afghanistan ihr Leben gelassen haben und deren Namen nun der Liste der Opfer hinzugefügt wurde.
Einen weiteren auf den Bochumer Denkmälern nicht thematisierten Aspekt des Krieges stellen die „fusillés pour l’exemple“ dar, deren standrechtliche Erschießung nach Fällen von Gehorsamsverweigerung im französischen Heer als abschreckendes Beispiel dienen sollte. Die Rehabilitierung dieser Soldaten ist erst seit kurzem Teil der öffentlichen Diskussion in Frankreich. Die Errichtung von neuen Kriegerdenkmälern in diesem Zusammenhang wie das 2007 in Suippes eingeweihte trägt ihrerseits dazu bei, dass die Erinnerung an den ersten Weltkrieg nach wie vor im Kollektivgedächtnis der Franzosen verankert bleibt.
Diese Verankerung ist in Gegenden wie der Champagne, die vier Jahre lang Kriegsschauplatz war, besonders stark. Daher standen bei der Stadtführung durch Châlons nicht nur die Kriegerdenkmäler im Vordergrund, sondern auch die Spuren der Besatzung sowie die Zerstörungen historischer Gebäude / Straßenzüge infolge deutscher Angriffe.
Prägend für das Kollektivgedächtnis der Deutschen in den 20-er und 30-er Jahren waren dagegen vielmehr die Ereignisse nach Kriegsende, insbesondere der als Diktat empfundene Friedensvertrag von Versailles sowie die mittelbar daraus folgende Ruhrbesetzung durch die Franzosen.
Das spiegeln auch die zu dieser Zeit entstandenen Kriegerdenkmäler, zu denen die Bochumer Schülerinnen und Schüler führten. Gemeinsam war ihnen zum Zeitpunkt ihrer Entstehung die Demonstration von Stärke gegenüber dem „Erbfeind“ Frankreich trotz der erlittenen Niederlage und die Glorifizierung des Krieges sowie des Heldenmutes deutscher Soldaten. Vielfach belegen Originalinschriften eine Verquickung mit national-sozialistischem Gedankengut.
Daher entbrannten nach dem zweiten Weltkrieg bis in die jüngste Zeit erbitterte Kontroversen um die Rechtmäßigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Gedenkstätten. Mehrfach wurden sie von antifaschistischen Gruppen zerstört. Neu hinzugefügte Inschriften betonen deswegen die Gefahr einer Verherrlichung des Krieges und die Notwendigkeit der europäischen Einigung. Sie dienen fortan als Gedenkstätte für Opfer aller Kriege und Gewaltherrschaften.
Der Vergleich zwischen den deutschen und französischen Kriegerdenkmälern hat offenbart, wie sehr auch in diesem Bereich in Deutschland die Erinnerung an den ersten Weltkrieg durch das Trauma von Holocaust und zweitem Weltkrieg überlagert wird. Dies ebenso wie die Tatsache, dass der erste Weltkrieg nur auf französischem Boden stattgefunden hat, war einer der Hauptgründe für die unterschiedliche Erinnerungskultur in beiden Ländern.
d) 1914-2014: Vor welchen Herausforderungen steht Europa heute? – Aus der Vergangenheit lernen, um Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen
Der letzte Aspekt des Projektes stellte dessen Gegenwartsbezug in den Vordergrund. Die Schülerinnen und Schüler sollten erkennen, welchen Sinn das Gedenken an ein 100 Jahre zurück liegendes Ereignis haben kann, und welche Verantwortung für sie aus der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit erwächst.
Mit der Kathedrale von Reims hatte die deutsche Gruppe bereits einen symbolischen Ort der Versöhnung besucht.
Der Verbrüderungsgedanke stand auch im Film Joyeux Noël im Vordergrund, den Deutsche und Franzosen gemeinsam in Châlons geschaut hatten, bevor sie im Rathaus von Vertretern der Stadt und der Vereinigung amic@allemand empfangen wurden.
Bei diesem Empfang würdigte der stellvertretende Bürgermeister die Zielsetzung des Austausches und das Engagement der Schülerinnen und Schüler, indem er es in den Kontext historischer und aktueller europäischer Kooperationsbestrebungen auf regionaler und nationaler Ebene einordnete.
Eine weitere Brücke zur Gegenwart war der Besuch des „Platzes des europäischen Versprechens“, der zur Zeit vor der Bochumer Christuskirche angelegt wird. In der aus den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts stammenden Kapelle dieser Kirche befindet sich neben einem Wandmosaik mit Namen von Gefallenen auch eine Liste der „Feindbundstaaten“ aus dem ersten Weltkrieg. Als Gegenentwurf hierzu hat der Künstler Jochen Gerz, dessen „Lebendes Monument von Biron“ in Frankreich sich bereits mit Fragen von Erinnerungskultur und daraus erwachsender Verantwortung auseinander setzt, Pläne für eine Neugestaltung des Kapellenbodens sowie des Kirchenvorplatzes entwickelt. Diese sehen Platten mit den Namen all derjenigen vor, die ein (anonymes) Versprechen für Europa abgeben. Über 14.000 Menschen haben ein solches Versprechen abgegeben und auch die Teilnehmer des Austausches waren hierzu eingeladen.
Diese Versprechen sollten neben einer kritischen Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen Europas Eingang in die zweite Phase der Atelierarbeit finden, die im Zentrum der Schülerbegegnung in Bochum stand.
Die bereits nach Interessenschwerpunkten gebildeten Gruppen setzten unter Anleitung externer Fachleute ihre Ideen nun selber kreativ in Ton, Bild und Wort um.
Die Literaturgruppe erarbeitete mit einem Slammer mögliche Textformen und Vortragsstile. In kleinen deutsch-französischen Untergruppen setzten die Schülerinnen und Schüler sich mit dem Bild des anderen, weiterhin bestehenden Clichés sowie einer Neudefinition Europas auseinander.
Im Kunstworkshop im Museum Bochum schufen sie aus verschiedenen Einzelbildern und Symbolen ein europäisches Netzwerk, das als Wandinstallation in der Hildegardis-Schule ausgestellt wurde.
Die Musiker schließen entwarfen Text und Musik für ihr gemeinsames Lied „Notre promesse pour l’Europe“.
Die Arbeitsergebnisse wurden ebenfalls im Rahmen des Abschlussabends präsentiert.
Mehr Informationen
Französischer Name des Projektes:
1914-2014: De la mémoire du passé vers un engagement pour demain
Das Projekt wurde als IN-Projekt 2014-989-1 vom DFJW gefördert.
Programm
in Châlons:
- Besuch des Centre d'interprétation Marne 14-18 in Suippes
- Führung über das Schlachtfeld von Vaquois
- Lesung einiger "Lettes des Poilus" der Familie Gérardot, Champagne
- Besuch des Stadtarchivs von Châlons und Arbeit mit Originaldokumenten aus dem ersten Weltkrieg
- geführte Stadtführung durch die französischen Schüler zu Kriegsschauplätzen und Kriegerdenkmälern in Châlons
- Kinoverstellung "Joyeux Noël"
- Projektarbeit in der Schule: Die Verarbeitung des ersten Weltkriegs in der Kunst, Musik und Literatur
- Empfang im Rathaus durch den stellvertretenden Bürgermeister und Mitglieder der Vereinigung amic@allemand
- Besuch von Reims: "ville martyre - ville de la réconciliation"
in Bochum
- Vergleich von regionalen und nationalen Gedenktagen im Monat November in Châlons und Bochum
- geführter Stadtrundgang durch die deutschen Schüler zu Bochumer Kriegerdenkmälern und zum Platz des europäischen Versprechens
- Besuch der Ausstellung "1914 - Avantgarde im Kampf" in der Bundeskunsthalle Bonn
- Projektarbeit in der Schule: "Unsere gemeinsame Verantwortung für Europa" - Umsetzung in Wort, Bild und Ton
- Abschlusspräsentation: Vorstellung der Projektergenisse im Rahmen einer multimedialen Lesung
So lief die Veranstaltung
Die Projektarbeit hatte verschiedene Ziele:
Vor allem die Schülergruppe aus Deutschland, wo die Erinnerung an den 1. Weltkrieg im öffentlichen Raum auch im Gedenkjahr 2014 einen wesentlich geringeren Platz einnimmt als in Frankreich, sollte zunächst ihr Wissen um die 100 Jahre zurück liegenden Ereignisse vertiefen.
Darüber hinaus sollten die Schülerinnen und Schüler einen persönlichen Zugang zum Thema finden, zum einen über die Konfrontation mit Einzelschicksalen, zum anderen über die interessengeleitete Beschäftigung mit literarischen, musikalischen oder bildnerischen Zeugnissen.
Die Beschäftigung mit der Kunst sollte darüber hinaus den Blick dafür schärfen, dass der 1. Weltkrieg die Gesellschaft in Europa in allen Bereichen des Lebens so einschneidend verändert hat, dass von einem Epochenumbruch gesprochen werden kann.
Schließlich sollte den Schülerinnen und Schülern klar werden, dass der europäische Einigungsgedanke untrennbar mit den an und hinter der Front gemachten Erfahrung von Leid und Sinnlosigkeit des Krieges verbunden war. Die Projektteilnehmer sollten sich mit der Frage auseinander setzen, vor welchen Herausforderungen unser Kontinent heute steht, und ein Bewusstsein für ihre eigene Verantwortung in dem stets neu zu konsolidierenden Haus Europa entwickeln. Dadurch sollte der Bogen von der Vergangenheit zur Gegenwart und Zukunft gespannt werden.
Diese Ziele konnten durchweg in sehr zufrieden stellender Weise umgesetzt werden, wie auch eine mit den Schülerinnen und Schülern durchgeführte Evaluation zeigt.
Dies ist u.a. daran festzumachen, dass auf deutscher Seite vor Beginn der Austauschbegegnung die Skepsis bezüglich der Themenwahl recht groß war. Die Schülerinnen und Schüler stellten die Frage, warum sie sich (erneut) mit einem in Grundzügen bereits im Geschichtsunterricht behandelten und für sie weit zurück liegenden Ereignis beschäftigen sollten.
Die Rückmeldungen nach der Austauschbegegnung belegen, dass die Teilnehmer in vielen Fällen einen neuen, nicht nur umfassenderen, sondern auch emotionaleren Zugang zum Thema gewonnen hatten.
Diesbezüglich hoben sie einige Programmpunkte hervor, die sie besonders geschätzt haben. Dazu gehörten der Besuch „vor Ort“ auf dem Schlachtfeld von Vauquois, die Filmvorführung „Joyeux Noël“, aber auch der Empfang im Rathaus von Châlons, durch den die Schülerinnen und Schüler ihre Arbeit wertgeschätzt und in einen größeren Zusammenhang deutsch-französischer Kooperationsbemühungen eingeordnet sahen.
Einige Schülerinnen fanden es bemerkenswert, welche unterschiedliche Bedeutung den Gedenkveranstaltungen zum 100. Jahrestag in beiden Ländern beigemessen wird. Nach Beendigung des Projektes wünschten sie sich auch in Deutschland ein größeres öffentliches Interesse am 1. Weltkrieg und den Zusammenhängen, die man zu aktuellen europapolitischen Herausforderungen herstellen kann.
Im Bezug auf die Arbeit in den Workshops gefiel den Teilnehmern die Möglichkeit, eigene Interessensschwerpunkte auszuwählen und einen Einblick in die Wechselwirkung zwischen Zeitgeschichte und künstlerischem Schaffen zu bekommen.
Die Idee, im zweiten Teil der Austauschbegegnung über einen kreativen Zugang ein eigenes Versprechen für Europa abgeben zu können, wurde besonders von der Musikgruppe positiv gewertet, deren selbst komponiertes Lied „Notre promesse pour l’Europe“ bereits bei den Proben alle Austauschteilnehmer begeistert hatte und am Abschlussabend einen sehr emotionalen Schlusspunkt bildete.
Die Abschlusspräsentation fand nicht nur bei den Teilnehmern, sondern auch bei den Gästen ein sehr beachtliches Echo. Die überzeugenden Darbietungen profitierten zum einen von der ernsthaften Auseinandersetzung der Schüler mit dem Thema, zum anderen von der überaus guten Gruppendynamik, die sich bereits zuvor gezeigt hatte und durch die gemeinsame Präsentation noch einmal verstärkt wurde.
Der pluridisziplinäre Ansatz des Projektes bot auch für die begleitenden Lehrkräfte eine sehr spannende Möglichkeit, sich mit fachfremden bzw. fachübergreifenden Themen zu beschäftigen.